
Tumorerkrankungen bei Hund und Katze
Tumorerkrankungen gehören zu den Haupttodesursachen bei unseren Haustieren. Einer Auswertung zufolge ist beschrieben, dass ca. 45% aller Hunde, die älter als 10 Jahre werden, an einem bösartigen Tumor sterben. Die starke Bindung zwischen Mensch und Tier führt zu einem zunehmenden Wunsch nach weitreichender tierärztlicher Behandlung diverser Tumorerkrankungen.
Einige Tumorerkrankungen beim Haustier sind heilbar, ein weiterer Teil kann so behandelt werden, dass die Tiere bei guter Lebensqualität älter werden können. Gute fachlich fundierte Aufklärung und eine realistische Einschätzung des Krankheitszustandes müssen vor einer Behandlung eine wichtige Hilfestellung bieten.
„Krebs“ ist in der Medizin die Bezeichnung für einen bösartigen Tumor. Der Ausdruck wird als Sammelbegriff für eine Vielzahl verwandter Krankheiten genommen. Diesen ist gemeinsam, dass Körperzellen unkontrolliert wachsen, sich teilen und gesundes Gewebe verdrängen und zerstören können. Gutartige Tumore werden in der Fachsprache nicht als Krebse bezeichnet, können aber trotzdem für den Organismus gefährlich werden.
Als Ursache gelten unterschiedliche Auslöser, die letztlich alle zu einer Störung des genetisch geregelten Gleichgewichts zwischen Wachstum und Teilung und normalem Zelltod führen.
Die Krebsentwicklung vollzieht sich langsam, manchmal über Jahre.
Im ersten Schritt der Krebsentstehung erfährt eine Körperzelle eine Mutation, die durch ein Karzinogen ausgelöst werden kann. Falls diese Mutation von der Zelle nicht repariert wird und sich zusätzlich in einem Genabschnitt befindet, der für die Kontrolle der Zellteilung zuständig ist, kommt es im zweiten Abschnitt der Krebsentstehung zu einem enorm starken Wachstumsreiz. Dieser Wachstumsreiz kann durch verschiedene Auslöser zustande kommen, die für sich nicht krebserzeugend sind, z. B. Hormone oder Entzündungen. Durch den stetigen Wachstumsreiz entsteht so eine gutartige Tumormasse, die eine Krebsvorstufe darstellt. Diese zweite Phase der Tumorentstehung ist zum Teil reversibel, d. h. bei Wegfall dieses Reizes kann es zu einer Rückbildung dieser Krebsvorstufen kommen. Falls dies nicht der Fall ist, kommt es in der dritten Stufe der Krebsentstehung zu einer malignen Transformation, d. h. die Krebsvorstufen werden bösartig. Diese Zellen teilen sich oft sehr schnell und haben keine normale Zellalterung mehr und weisen verschiedene Charakteristika der Bösartigkeit auf. So verdrängen sie z. B. gesundes Gewebe und können die Fähigkeit erlangen, zu metastasieren d. h. Ableger in anderen Körperregionen zu bilden. In diesem Stadium entfalten Tumorzellen ihr gefährliches Potential.
Symptome
Die Symptome einer Krebserkrankung bei unseren Haustieren weisen eine große Bandbreite auf und können vielen Krankheitsbildern ähnlich sehen. Es kann sein, dass der Tierbesitzer einen Knoten feststellt, aber auch eine Lahmheit, Inappetenz mit Gewichtverlust, Verhaltensänderungen usw. können auf einen Tumor hinweisen. In der Regel kann ein Krebsleiden durch diverse tierärztliche Untersuchungen bestätigt oder ausgeschlossen werden.
Um sich über Größe und Ausmaß einer Tumorerkrankung ein Bild zu machen, sind Bild gebende Untersuchungen, wie Röntgen oder Ultraschall, notwendig. Manchmal lässt sich Anhand der Bilder eine Gewebediagnose bereits ableiten, oft ist es aber wichtig, Proben aus dem Tumorgewebe zu entnehmen.
Für die Probenentnahme einer veränderten Stelle gibt es folgende Möglichkeiten.
- Zytologische Untersuchung:
Die veränderte Läsion wird mit einer Kanüle punktiert und diese in dem veränderten Gewebe mehrmals hin- und herbewegt. Einzelne Zellen, die sich in der Kanüle festsetzen, werden auf einer kleinen Glasplatte ausgestrichen und unter dem Mikroskop beurteilt. Diese Technik kann sehr schnell und ohne Narkose durchgeführt werden. Mit dieser Technik erhält man in der Regel einen ersten Verdacht, ob es sich um einen Tumor oder eine Entzündung handelt. - Biopsie mit anschließender histologischer Untersuchung:
Bei dieser Technik wird mit einer Spezialstanze ein Gewebestück aus einer veränderten Stelle entnommen. Das Gewebestück wird zur mikroskopischen Beurteilung an einen Pathologen geschickt. - Entfernung des Tumors mit anschließender histologischer Untersuchung:
Es ist wichtig, das gesamte entfernte Gewebe an den Pathologen zu verschicken. Denn neben der Tumordiagnose ist auch die Beurteilung der Randregion, ob z. B. der Tumor vollständig entfernt wurde, von großer Bedeutung.
Die weiter zu empfehlenden Untersuchungen richten sich nach der Art des Primärtumors. Bei einem bösartigen Tumor wird vor der Prognosestellung und dem Therapievorschlag ein „Staging“, d. h. Abklären des Tumorstadiums, durchgeführt. Hier geht es um die Beurteilung der weiteren Ausbreitung des Krebses und um die Kontrolle der Fernmetastasen.
Lokale Metastasen entstehen in unmittelbarer Nähe des Primärtumors durch Verschleppung von bösartigen Tumorzellen in das umgebende Gewebe. Regionäre Metastasen entstehen wenn sich Tumorzellenverbände entlang der regionalen Lymphbahnen oder Lymphknoten festsetzen (lymphogene Metastasen). Fernmetastasen entstehen analog dazu, wenn Tumorzellenverbände in Blutgefässe abschilfern und sich in entfernten Organen absiedeln (hämatogene Metastasen). Je nach Lokalisation und histologischem Typ metastasieren bösartige Tumore in unterschiedlichem Masse lymphogen und hämatogen.
Eine Staging-Untersuchung beinhaltet in der Regel Röntgenbilder des Brustraumes und oft eine Ultraschalluntersuchung des Bauchraumes zur Beurteilung weiterer Organe wie Leber Milz, Nieren usw.
Beurteilung und Therapiemöglichkeiten
Abhängig von Ursprungsgewebe, Grad der Bösartigkeit und Ausdehnung des Tumors wird im Gespräch ein Entscheid für eine Therapie gefällt. Dabei ist neben Diagnose immer auch der allgemeine Gesundheitszustand des Tieres wichtig. Weitere Rahmenbedingungen wie die familiäre Situation, die persönliche Überzeugung, aber auch finanzielle Überlegungen werden in einen Therapieentscheid einfließen.
In Fällen, bei denen eine kurative (=heilende) Therapie angegangen werden kann, wird oft eine Kombination von Therapiemöglichkeiten eingesetzt und ein genauer Zeitplan festgelegt. Bei Patienten, bei denen eine Heilung ihres Krebsleidens leider nicht möglich ist, wird man einen palliativen Therapieplan aufstellen, der darauf abzielt, dem Patienten eine möglichst schmerz- und symptomfreie Zeit zu gewähren. Hier geht es vor allem darum, eine gute Lebensqualität zu bieten oder zu erhalten.
Therapiemöglichkeiten
Chirurgie
Bei Tumoren in frühen Stadien und geringem metastatischem Potenzial ist die chirurgische Entfernung meist die Therapie der Wahl. In der onkologischen Chirurgie gilt das ungeschriebene Gesetz, dass die erste Operation die beste Chance einer Heilung bietet, deshalb ist es wichtig, dass diese gut geplant und nach onkologischen Prinzipien durchgeführt wird. Bei einigen Tumoren ist eine relativ knappe Entfernung möglich, bei anderen muss das veränderte Gewebe mit großem Sicherheitsabstand (2–3 cm) in alle Richtungen entfernt werden, was je nach Lokalisation einer Zubildung die Funktionalität oder das Aussehen des Tieres beeinträchtigen kann.
Chemotherapie:
Eine chemotherapeutische Behandlung ist in den Fällen indiziert …
- bei denen der Tumor als außerordentlich Chemotherapieempfindlich bekannt ist und /oder im gesamten Körper (systemisch) auftritt
- als Zusatzbehandlung bei vermuteten Mikrometastasen
- um einen Tumor vor einer Operation zu verkleinern
Da die Medikamente, die als Chemotherapeutika bezeichnet werden, Zellen abtöten, die sich schnell teilen – wie das bei bösartigen Tumoren der Fall ist – kann es in einigen Fällen auch zu gefürchteten Nebenwirkungen kommen. Gerade die Zellen des Magen-Darm-Traktes erneuern sich sehr rasch und werden deshalb durch die Chemotherapie auch bis zu einem gewissen Grad in Mitleidenschaft gezogen. Obwohl bei Tieren dieselben Medikamente eingesetzt werden wie beim Menschen, ist die Nebenwirkungsrate bedeutend geringer und beschränkt sich auf wenige Patienten. Leichte Nebenwirkungen wie Durchfall oder Erbrechen können oft durch diätetische Maßnahmen oder mit Medikamenten überbrückt werden. Schwere Nebenwirkungen mit Fieber (weniger als 5%) müssen mit Infusionen oft auch mit stationärem Aufenthalt versorgt werden.
In der Regel vertragen Tiere die chemotherapeutische Behandlung gut und verhalten sich zwischen den Behandlungen normal. Bei Rassen mit kontinuierlichem Haarwechsel (z. B. Terrier) kann es zu einer Ausdünnung des Fellkleides kommen, bei anderen Rassen allenfalls zu leichten Fellveränderungen.
Strahlentherapie:
Die Strahlentherapie ist eine weitere in der Tiermedizin noch sehr exklusive Behandlungsoption. Sie eignet sich insbesondere für bösartige Tumore im Kopfbereich.
Hier bietet sie oft die einzige Therapiemöglichkeit. Bei anderen Erkrankungen wird sie in Kombination mit der Chirurgie eingesetzt. Diese Kombination ermöglicht es Tumore relativ knapp zu entfernen und mittels Strahlenbehandlung die verbliebenen Tumorzellen – den „Sicherheitsabstand“ zum gesunden Gewebe adäquat zu behandeln. Wie bei allen Behandlungen ist auch hier mit Nebenwirkungen zu rechnen, die sich aber auf das zu bestrahlende Feld beschränken.
Da man bei einigen Tumoren davon ausgehen kann, dass eine Heilung möglich ist, wird bei der Behandlung von einem kurativen (=heilenden) Behandlungsprotokoll gesprochen.
Bei einer kurativen Bestrahlung erwartet man, dass der Patient eine lange oder sogar normale Lebenserwartung haben wird. Unter diesem Aspekt werden stärkere Nebenwirkungen in Kauf genommen, um den Tumor möglichst vollständig vernichten zu können. Palliative (=lindernde) Therapien werden vor allem bei Tumoren mit hoher Metastasierungstendenz eingesetzt. Eine Palliation von Schmerzen oder anderer Symptome wie Nasenbluten bei Nasennebenhöhlentumoren kann oft mit etwas geringerem Aufwand erreicht werden.
Bei kurativen Behandlungen werden die Tiere meist mit 12–18 Fraktionen und bei Palliativen Maßnahmen mit 3–5 Fraktionen bestrahlt. Die anfallenden Kosten einer Bestrahlungsbehandlung setzen sich aus Narkose, Therapieplanung, Bestrahlung, Medikamente und ggf. stationärem Aufenthalt zusammen und belaufen sich bei einer kurativen Therapie auf ca. 3000 Euro. Bei einer palliativen Therapie ist mit etwa 1000 Euro zu rechnen.
Krebs beim Tier ist nicht nur für den Patienten selber sondern für auch für seinen Besitzer eine schwerwiegende Diagnose, die eine intensive Auseinandersetzung und Betreuung verdient. Sorgfältige medizinische Aufarbeitung und Bearbeitung der Befunde durch den beratenden Tierarzt helfen bei der Wahl und der Durchführung der Therapie.